Und Fragen, viele Fragen: Finde ich den Weg? Finde ich immer eine Übernachtungsmöglichkeit? Mein Körper, vor allem die Füsse, machen die das mit? Und dann… das Wetter – Schnee, Regen, Wind, Sonne… Dann Tausende von Kilometern vor mir… viele Gedanken… wozu mache ich das? Zu was bin ich fähig? Wie belastbar bin ich? Wo sind meine Grenzen? Alleine, ohne gewohntes Umfeld… Wie reagiere ich in Ausnahmesituationen?
Die ersten Tage… meine euphorische Stimmung sinkt… Schmerzen, Blasen, Kälte und Regen lassen mich an meiner Entscheidung zweifeln. Was mache ich da? Nach 14 Tagen wird der Rucksack erträglich, die Blasen heilen… pilgern, pilgern, pilgern. Ich brauche ca. fünf bis sieben Wochen, bis ich mein Pilgerleben langsam geniesse. Gestern ist vorbei… das Morgen noch nicht da! Im Jetzt leben – ich habe alles was ich brauche – ich bin gesund, alles stimmt… Diese Momente, zaghaft, Sekundenbruchteile spürbar und schon verflüchtigt. FREI!
Je länger ich gehe, desto grösser meine Freude, Glück, unabhängig vom Materiellen. Gelassenheit, Vertrauen, alles was ich brauche, habe ich bis jetzt bekommen. Diese Leichtigkeit! Ich will – gibt’s nicht. Ich lasse es auf mich zukommen… spannend! Die Farben, Düfte, Geräusche, frische Luft, Sonne, Regen, alles, ganz bei mir, nehme ich alles viel intensiver wahr… All diese Sinneseindrücke… ganz konzentriert auf mich… auf mich ganz alleine. Glücklich, ich bin zeitweise überglücklich – diese innere Zufriedenheit und Ruhe möchte ich mitnehmen in den Alltag! Am 5.Juli, 12 Uhr treffe ich in Santiago de Compostela ein… Glocken läuten für die Pilger. GESCHAFFT!!!!
Stolz, glücklich, 2000 km, zu Hause fällt es mir schwer in den Alltag zu finden. Das Pilgern ist vorbei! Die moderne Welt holt mich ein. Diese Erfahrung verändert mein Bewusstsein… immer noch!
